Heute ist ein Neostag! Ich laufe nur 12 km bis Vezelay, deshalb darf er mit. Er freut sich unglaublich. Unser kleiner Grieche darf überall schnuppern, nach der Wanderung wird er völlig erledigt sein.
2 km geht es noch durch die Felder, der Rest ist Wald, unterbrochen durch kleine Orte. Der Weg ist sehr gut ausgeschildert. In Vezelay bündeln sich die Wanderwege. Mehrere Franzosen sprechen mich an und wünschen mir bon Courage (viel Glück, sagt mein Übersetzer). Eine Französin reitet mit ihrem Pferd eine Weile neben uns her. Sie spricht etwas deutsch, wir unterhalten uns lange. Das war eine sehr schöne Begegnung.
Nach 8 km kann ich Vezelay oben auf dem Hügel sehen. Die Basilika Sainte Marie-Madeleine ist seit 1979 Weltkulturerbe der UNESCO. Jetzt müssen wir nur noch den steilen Hügel hoch, dann sind wir da!
Auf halber Höhe schlagen die Glocken der Basilika um 12:00 Uhr etwas länger, zeitgleich wirbelt ein Windstoss die Blütenblätter um mich herum. Ich fühle mich einen kurzen Augenblick wie eine Braut, die aus der Kirche schreitet und mit Blüten beworfen wird. Ein Gänsehautmoment!
Das kurze Glücksgefühl macht mir den heftig steilen Aufstieg etwas leichter. Verschwitzt komme ich hinter der Basilika an, der Eingang ist bald gefunden. Achim übernimmt Neos und ich gehe in die wunderschöne Basilika. Noch auf den Stufen empfängt mich der glockenhelle Gesang der Nonnen. Noch ein Gänsehautmoment! Es ist Gottesdienst. Ich bin beeindruckt vom Inneren der Basilika, sie ist hell und gut restauriert. Es ist unglaublich feierlich. Ich traue mich kaum weiter rein zu gehen.
Zum Campingplatz laufen wir runter durch die mittelalterlich anmutenden Straßen. Schöne Restaurants, Cafés, Geschäfte und Hotels gibt es hier. Eine geöffnete Eisdiele ist auch vorhanden.
Am Nachmittag laufe ich nochmal in den Ort zurück.
Meinen Pilgerstempel bekomme ich im Amis et Pelerins de Saint-Jacques, es befindet sich im 2. Stock. Es geht eine altersschwache schmale Holztreppe hoch, die Treppe knarrt und schwankt bedenklich.
Am Spätnachmittag kommen Armin und Carmen aus Tuningen. Carmen läuft morgen mit mir eine Etappe. Wir schauen uns gemeinsam Vezelay an und erleben den 18:00 Uhr Gottesdienst.
Uns fallen die Kellergeschäfte auf. Im Bürgersteig ist eine Holzklappe (die sonst das Loch verschliesst) aufgeklappt, eine steile Treppe geht in den tiefen Keller. In einem Gewölbekeller werden Fahrräder verkauft, in einem anderen Töpferwaren.