Melide nach Salceda

Ich habe sehr gut geschlafen und fühle mich fit für den vorletzten Tag auf dem Jakobsweg. In der Herberge gibt es das übliche Frühstück, Kaffee, O- Saft, Toast und Marmelade.

Um 7:50 Uhr bin ich unterwegs, es ist bitterkalt!

Wie 5 Grad fühlt sich das nicht an, der leichte Wind ist eisig. Leider habe ich keine Handschuhe dabei, meine Finger frieren fast ein.

Erst nach 3 km wird mir etwas wärmer, schwitzen werde ich den ganzen Tag nicht, trotz Sonnenschein.

Es sind nur ganz wenige Pilger mit mir unterwegs. Wo sind die alle? Hier beginnt doch die Pilgerautobahn!?

Der Weg sollte mir bekannt vorkommen, es gibt auch einige Orte, an die ich mich erinnere. Allerdings kommt mir die meiste Zeit alles unbekannt vor. Egal, der Weg ist schön und führt durch Eukalyptus- und Eichenwäldern hoch und runter. 

Sehr viele Bars laden zur Einkehr ein. Zum Aufwärmen gibt es auch bald den ersten Café con leche für mich. In der nächsten Bar einen Orangensaft.

In Ribadiso überquere ich den Fluss, in der Herberge dahinter habe ich vor 3 Jahren übernachtet. Damals war es so heiß, dass viele Pilger im Fluss gebadet haben.

Mich erwartet jetzt ein heftiger Anstieg bis Arzua. Der Ort ist in den letzten 3 Jahren grösser, aber nicht schöner geworden. An einem Café kann ich nicht vorbei gehen, es zieht mich zu einem Kaffee und 2 kleine Törtchen hinein. Ich zahle 3,60 Euro für alles. Am Tisch sitze ich mit einem Pilgerpaar aus Australien.

Inzwischen ist meine Erholung auf Null gesunken. Die Beine sind so schwer und ich bin müde! Wie ich die nächsten 11,5 Kilometer schaffen soll, ist ein Rätsel. Heute habe ich einen Motivationseinbruch!

Langsam laufe ich zur übernächsten Bar, noch 6 km. Ich treffe die beiden Französinnen vom Camino Primitivo und freue mich.

Das gibt mir etwas Schwung.... für die nächsten 200 Meter. Oh, Oh! Mühsam schleppe ich mich vorwärts. Um Janina zu zitieren: "Der Camino muss auch mal weh tun!" 

Unter Aufbringung meiner fast nicht mehr vorhandenen Willenskraft schaffe ich es bis zur Herberge. Nein, stimmt nicht, nur bis zur Bar neben der heutigen Herberge. Dort sitzt ein strahlender Matthias, der 30 Minuten nach mir los gegangen ist und schon seit 30 Minuten da ist. Wo hat er mich nur überholt und warum ist er so fit? Er hat einen völlig anderen Weg erlebt mit Strömen von Pilgern und hat einen leichten Kulturschock erlitten.

Die Herberge ist sehr schön, ich sinke auf mein Einzelbett im 4 Bettzimmer und überlege, wie ich mich dusche, ohne das Bett zu verlassen!

Es hilft nicht, Augen auf und los! Die Dusche ist herrlich, danach trinke ich 2 Gläser Früchtetee, endlich wird mir warm.

Um 18:00 gehen Matthias und ich zum 200 Meter entfernten Restaurant. Wir sind die ersten Gäste, der Wirt sitzt fast schlafend am Tisch. Auf dem Tresen stapelt sich das schmutzige Geschirr, trotzdem deutet er auf die freien Tische, wir bekommen tatsächlich schon etwas zu essen. Er erklärt uns die Spezialitäten des Hauses, wir bestellen etwas mit Schwein. Geliefert wird eine sehr leckere Schweinshaxe, die er auch noch am Tisch für uns auseinander nimmt. Aus dem müden Wirt ist ein wacher Entertainer geworden! Er tut so, als würde er meine Schweinshaxe erstmal probieren, im letzten Moment füttert er aber mich mit der Gabel.

Das Essen ist sehr lecker, das Bier geht intravenös in die Blutbahn. Dass ich um 20:00 Uhr im Bett liege und auch nicht wieder aufstehen werde, verrate ich lieber nicht!

Frühstück in der Herberge
Frühstück in der Herberge
Der im Zelt ist ein Langschläfer, sehe morgens nur den Pilgerwagen und das Zelt
Der im Zelt ist ein Langschläfer, sehe morgens nur den Pilgerwagen und das Zelt
Da habe ich 2022 übernachtet
Da habe ich 2022 übernachtet
Armbänder werden am Camino gefertigt und verkauft
Armbänder werden am Camino gefertigt und verkauft
Die beiden Französinnen und ich
Die beiden Französinnen und ich
Blauregen
Blauregen